Das älteste Holz der Welt
Ein Unternehmen aus Rosenheim hat sich auf edle Altholz-Verarbeitung spezialisiert und hat damit weltweit Erfolg. Superreiche Kundschaft bis hin nach China wollen derzeit vor allem die Sensation – 8 000 Jahre alte Mooreiche aus Deutschland.
Bei der Old Oak GmbH ist der Name Programm. Das Rosenheimer Unternehmen verarbeitet jahrhundertealtes Eichenholz von ehemaligen Bauernhäusern, Klöstern und Scheunen zu hochwertigen Parkettböden mit Historieneleganz. Das wertvolle, von den Spuren der Zeit geprägte Material wird mit hoher Handwerkskunst wiederbelebt und zu neuem Interieur veredelt. Mit ihren charakteristischen Schattierungen und Ästen bringen diese Böden auf vielfältige Art und Weise den Charme vergangener Zeiten in moderne Wohnbereiche. „Der besondere Reiz an unseren Parkettböden ist nicht nur
die Schönheit und Einzigartigkeit des über Jahrzehnte gelebten Eichenholzes, sondern auch die Tatsache, dass die Verfügbarkeit des Materials limitiert ist“, so
Werner Leuthe, Geschäftsführer der Old Oak GmbH. Leuthe ist so etwas wie der Raritätenkunsthändler im internationalen Holzgeschäft. Denn seltene Althölzer
sind derzeit sehr gefragt und werden wie Kunstobjekte gehandelt.
Mooreichenholz wird gehandelt wie Gold
Vor allem das Holz von Mooreichen ist derzeit ein ultimatives Objekt der Begierde für besonders Anspruchsvolle und Superreiche, die das ganz extravagante Interieur suchen. In Rosenheim bei Old Oak wird man fündig. Diese besonders seltenen Bäume werden nach der Trockenlegung eines Moorgebiets gefunden. Sie lagen über viele Hundert Jahre unter Sauerstoffausschluss in moorigen oder sumpfigen Gebieten. Die Gerbsäure der Eiche geht im Lauf der Jahre eine Verbindung mit den Eisensalzen des Wassers ein. Die Experten sprechen von „subfossilem Eichenholz“. Das ist nicht nur sehr hart, sondern sorgt für einzigartige Farbtöne – von Hellgrau über Dunkelbraun und Blaugrau bis hin zu einem tiefen Schwarz. Mooreichen können zwischen 600 und 8 500 Jahre alt sein. „Dieses Holz hat eine fantastische Ausstrahlung“, schwärmt Leuthe.
Das Mooreichenholz ist wegen seines hohen Preises und durch seine charakteristische Farbe und guten Eigenschaften seit jeher ein gefragtes Holz für Pfeifenbauer. Auch für seltene Möbel oder Musikinstrumente wird es hin und wieder verwendet. Künstler haben es ebenfalls entdeckt, weil die auratische Wirkung von jahrtausendealtem Holz einzigartig ist. Und es wird immer wertvoller. Als anlässlich der Baumaßnahmen im Berliner Schloss rund 1 000 Gründungspfähle aus Eiche und Kiefer versteigert wurden, war der Andrang enorm. Die geborgenen Mooreichen, die zwischen 1603 und
1707 geschlagen wurden, erzielen erstaunliche Preise. Zehn zwischen zwei und drei Meter lange Eichenstämme kommen für stolze 5 600 Euro unter den Hammer.
Die Rosenheimer bieten nun das seltene Fossilholz weltweit für die Inneneinrichtung von Luxusimmobilien an. Was aus solchen besonderen Hölzern entstehen kann, zeigt Leuthes Ausstellungsraum. An den Wänden
hängen Muster für Wandverkleidungen, auf dem Tisch liegen dicke polierte Holzscheiben. Daraus könnte ein Tisch, ein Bett oder auch ein Schrank werden. In den Ständern stehen jeweils ein Quadratmeter Parkett als Muster. Schmale Dielen, Flechtmuster nach französischem Vorbild, kreisrund verlegt oder klassisch in Fischgrät. Von dunkelbraun über grau bis hellgelb glänzend,
immer geölt und vor allem – immer sehr, sehr altes Eichenholz. Unter den Hölzern sei die Eiche nun mal etwas Außergewöhnliches: „Ihr Holz ist extrem hart und viel seltener als zum Beispiel Fichte oder Buche.“ Leuthe sucht in alten Burgen und Weinkellern nach besonderen, bereits verbauten Hölzern zur Wiederverwendung: „Das ist wie eine Schatzsuche. Vor allem im osteuropäischen Raum, in Kroatien, Slowenien und Ungarn, aber auch im Pfälzer Wald, im Spessart und im Raum Bremen lässt sich altes Eichenholz aufspüren. Und natürlich in Frankreich, weil die Winzer ihren Wein in Eichenfässern lagern.“
Für das „gebrauchte“ Holz spricht aus Sicht der Kundschaft die spezielle Wirkung. Natürliche Verwitterungsmerkmale durch Wind, Sturm, Sonne und Regen sorgen für effektvolle Oberflächen. Risse, Spuren von Nägeln, Kerben, Zapfenverbindungen geben dem Holz einen eigenen Charakter.
Jedes Produkt, das aus alter Eiche gefertigt wird und das besondere Spuren seiner Vergangenheit zeigt, ist unverwechselbar – ein Unikat.
Rein biologisch können Eichen ein Alter von mehr als 850 Jahren erreichen. Wenn sie dann in ein Moor absinken, werden vielleicht Tausender daraus. Und irgendwann landen sie in Rosenheim bei Old Oak.
2009 verkaufte Leuthe sein florierendes Parkettgeschäft und fing mit Old Oak noch einmal ganz von vorn an. „Nach fast 30 Jahren war für mich in diesem
Geschäft nichts mehr spannend. Ich wollte mich ganz auf alte Eiche konzentrieren.“ Die neue Firma ist inzwischen von Spanien bis nach China für ihre Spezialitäten bekannt. Denn Leuthe ist nicht nur einer der wenigen, die wissen, wie altes Eichenholz behandelt werden muss. Er kennt
auch die Orte, an denen er dieses heute noch findet.
Sternekoch Lafer in der Stromburg
Die wertvollen Old-Oak-Einrichtungsgegenstände werden oft in den „Homestorys“ der Gesellschaftsmagazine abgebildet. Eine Familie aus dem bayerischen Hochadel posiert auf der Landhausdiele Eiche-Altholz. Sternekoch Johann Lafer präsentiert das Turmzimmer der 1 000-jährigen Stromburg, ausgelegt mit alter Eiche. Und die Besucher des Bogner-Shops in Baden-
Baden flanieren auf einem geschichtsträchtigen Holzboden von Old Oak. „Die Kunden kaufen eben mehr als nur ein Stück Holz, sie erwerben ein Stück Vergangenheit. Das hat einen besonderen Reiz“, erklärt Leuthe. Er verarbeitet nur Eichenholz, das älter als 100 Jahre ist. „Wenn ich mit meiner Kettensäge eine Scheibe herunterschneide, kann ich das Alter ziemlich genau schätzen.“ Sicherheit gebe zudem ein wissenschaftlicher Test. „Ist der Ursprung eines Baums bekannt, zum Beispiel Bremen, kann mit der C14-Datierungsmethode das Alter bis auf fünf bis zehn Jahre genau festgestellt werden. Das funktioniert ganz ähnlich wie bei einer DNA-Analyse beim Menschen.“
Seitdem Werner Leuthe mit seinem Mooreichenholz weltweit bekannt geworden ist, denkt erüber eine ganz neue Geschäftsidee nach. Auf 20 000 bis 50 000 Kubikmeter schätzt er den Altbestand von Eichenholz in Europa. „Ich vermute, dass dieses Holz, weil es so knapp ist, mit der Zeit immer wertvoller wird. Am liebsten würde ich alles aufkaufen.“ Wie ein Juwelier, der sich in seine Diamanten verliebt hat.